Märkische Allgemeine: „Mir liegt der stressige Bereich“

Veröffentlicht am 04.09.2020

AUS: MÄRKISCHE ALLGEMEINE | FREITAG, 4. SEPTEMBER 2020

 

Vier junge Menschen haben bei der Spedition Ulrich Rieck & Söhne ihre Ausbildung absolviert – Unternehmen wurde jetzt als „Top-Ausbildungsbetrieb“ ausgezeichnet.

 

Großbeeren. Mit schlecht gelaunten Lkw-Fahrern ist nicht zu spaßen. Das musste Viktoria Köhler schon früh in ihrer Ausbildung lernen. „Wenn etwas im Ablauf nicht klappt oder Kunden nicht da sind, dann wird es auch schon mal laut am Telefon“, sagt die 25-Jährige. Köhler hat in diesem Jahr ihre Ausbildung bei der Speditionsgesellschaft Ulrich Rieck & Söhne in Großbeeren beendet und wurde in der Abteilung übernommen, die den Nahverkehr koordiniert – also genau da, wo schlecht gelaunte Lkw-Fahrer einen morgens anschreien. Sie lacht. „Mir macht das Spaß, mir liegt der stressige Bereich“, sagt sie. Sich durchzusetzen, habe sie als einzige Frau in der Abteilung schnell gelernt. „Schon in der Ausbildung habe ich gemerkt: Das ist meins.“ Dass jeder junge Mitarbeiter den Bereich findet, in dem er sich wohlfühlt, liegt Ausbildungskoordinatorin Kathrin Vogt sehr am Herzen. „Wir wollen unsere Auszubildenden nach dem Abschluss ja schließlich im Unternehmen halten“, sagt sie. Und damit das gelingt, versucht die Firma, die Ausbildung so gut wie möglich zu gestalten. Mit Erfolg: Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Potsdam hat den Großbeerener Standort der Rieck Logistik-Gruppe nun erstmalig zum „Top-Ausbildungsbetrieb 2020“ gekürt.

 

Als eines von sechs Unternehmen darf sich die Firma nun mit dem Titel schmücken. Celine Wolf, die ebenfalls in diesem Jahr als Speditionskauffrau ausgelernt hat, hat schon früh den Unterschied zu anderen Ausbildungen festgestellt: „Ich habe gehört, dass viele einfach ins kalte Wasser geworfen wurden und sofort voll mitarbeiten mussten“, sagt die 22-Jährige. In ihrer Firma sei die Ausbildung hingegen sehr strukturiert gewesen und sie habe ohne großen Druck alles kennenlernen dürfen. „So konnte ich mir über die Zeit ein gutes Bild davon machen, was mir wirklich liegt.“ Eine große Hilfe dafür seien auch die regelmäßigen Feedback-Gespräche nach jeder Station gewesen, sagt die junge Mitarbeiterin Viktoria Köhler. Das ist etwas, was in vielen Ausbildungsbetrieben zu kurz kommt, bei Rieck aber zum etablierten Ablauf gehört. Zudem gibt es für die Jugendlichen zu Beginn der Ausbildung Zeit, sich gegenseitig kennenzulernen, und beim regelmäßigen Azubi-Tag haben sie Gelegenheit, gemeinsam etwas zu unternehmen. Der 18-jährige Keno Koske, der im August die Ausbildung zum Speditionskaufmann angefangen hat, hat sich für Rieck entschieden, weil es ein Familienunternehmen ist.

 

"Ich wollte eine richtig gute Ausbildung."

„Da ist dann alles doch etwas persönlicher“, sagt er. Und auch seine Kollegin Romina Stützel (19) sei wählerisch gewesen, sagt sie. Da ihr Vater in der gleichen Branche arbeitet, wusste sie, worauf sie sich einlässt „Ich wollte eine richtig gute Ausbildung“, sagt sie. Elf Auszubildende hat die Speditionsgesellschaft Ulrich Rieck & Söhne in Großbeeren derzeit. Halbjährlich schreibt die Firma drei Stellen aus, die in den letzten Jahren aber nicht immer alle besetzt werden konnten – ganz im Gegensatz zu diesem Sommer, in dem das Unternehmen statt drei Auszubildende gleich fünf einstellte. „Alle waren gut und warum sollen wir sie dann ziehenlassen?“, sagt Vogt. Den großen Bewerberandrang verbindet sie mit der Corona-Pandemie. „Viele Unternehmen konnten vermutlich keine Azubis einstellen“, sagt sie. Außerdem sei wohl vielen jungen Menschen bewusst geworden, dass die Jobs in Speditionsunternehmen auch in Krisenzeiten sicher seien, sagt Vogt. „Das ist ihnen wohl anhand des fehlenden Toilettenpapiers aufgefallen.“

 

Dass die Arbeit bei Rieck jungen Menschen auch in Zukunft Spaß machen wird – daran glaubt das Unternehmen fest. Denn die Zahlen der Vergangenheit sprechen dafür: Die Übernahmequote der Auszubildenden liegt derzeit bei 95 Prozent.

 

Quelle: Lisa Neugebauer/MAZ